WEIN.WERK: Eine erweiterte Werkschau nach einem Jahr (Teil 2)

Individuelle Weinpersönlichkeiten in jeder Flasche

Grundlegende Informationen über das Projekt WEIN.WERK, der gemeinsamen Initiative von 13 jungen Idealisten/innen, Weinrebell/innen und Charakterköpfen mit Erfahrungen und Ausbildungen in den besten Weinschulen und Kellereien der Welt, finden Sie im Beitrag «WEIN.WERK: Eine neue Winzergeneration startet durch (Teil 1)».

Wer weitere WEIN.WERK Winzer/innen kennenlernen und die neusten Geheimtipps erfahren möchte, dem empfehlen wir die folgenden Zeilen wärmstens zur Lektüre - eine eigene WEIN.WERK-Webseite haben sie zwar nach wie vor nicht, dafür umso mehr Energie und Know-How in ihre Weine gesteckt, um diese weiter zu perfektionieren.

Zwar kein Geheimtipp mehr, aber nach einem weiteren Jahr Erfahrung und vielen neuen Barriques und Amphoren noch exquisiter als im vergangenen Jahr, lohnt sich auch ein erneuter Blick auf die damals vorgestellten Winzer/innen, so u.a. der mit seinen Weinen mittlerweile omnipräsente Christoph Mock vom Wassererhof - er besuchte uns an der letzten Weinmesse - das Boutique-Weingut Eichenstein mit seinen filigranen und auch in warmen Jahren das erfrischende Säurespiel konservierenden Weiss- und Rotweinen oder dem «Professor» des Weinguts Oberstein, Joachim Wolf (er war Dozent an der Weinbauschule Laimburg) und schliesslich die mit den - vom unverbauten Blick auf die Dolomiten profitierenden - Reben bzw. den daraus gezauberten Weinen: Petra und Patrick Planer von Prackfol.

Tauchen wir ein in die wundervolle Welt der Weinwerker und träumen von den auf die Gerbsäure gebauten Unikaten von Andi Sölva, mitunter Erfinder der Viribus Unitis-Weine (eine Rarität, welche auf dem Weinmarkt praktisch nicht stattfindet), den Wein-Schönheiten des Lagreinpapsts Luis Oberrauch, Absolvent des Önologie- und Weinaustudiums an der Universität Geisenheim (DE), mit 11 Jahren Erfahrung als rechte Hand des Kellermeisters von Tramin im Rucksack und mit Sebastian Tonner vom Weingut Josmoar, der im Vinschgau alten Kirchenweinen zu neuer Schönheit verhilft.

Von Christof Zeller DipWSET, Weinakademiker

 

Andi Sölva - Ein Meister der Individualität

«Garagewine» geistert immer wieder als neudeutsches Wort durch die Weinszene - in der Regel versuchen wir diese, häufig zu Marketingzwecken erschaffenen Wortkreationen, zu vermeiden. Im aktuellen Fall erbringen wir jedoch den Fotobeweis (Bild oben), wie Andi Sölva mit unserem Weinakademiker zwischen Stahltanks, alten Autos und Landmaschinen in seiner Garage steht. Andi übernahm 2005 das elterliche Weingut und produziert seit 2007 eigene Weine. Seine Produktionsmenge ist für Südtiroler Verhältnisse nicht einmal eine Randnotiz wert. Doch genau diese Begebenheit ist der Wettbewerbsvorteil, den Andi ausspielt: Jede seiner jährlich 8'000 Flaschen ist bis ins Detail auf Qualität, akribischer Handselektion und Perfektion getrimmt. Und um diesen Qualitätsanspruch ad absurdum zu führen, produziert er in Zusammenarbeit mit Norbert Kofler vom Weingut Kiemberger die Linie «Viribus Unitis», in welcher jeweils das beste Jahrgangsfass von Norbert und dasjenige von Andi zu einer einzigartigen Cuvée veredelt werden - in noch einmal homöopathischeren Mengen als bei seinen anderen Weinen. Kein Zufall übrigens, dass in seinem Viribus Unitis rot 40 % Tannat Trauben verbaut sind, nachdem er einst mit dem bekanntesten Tannat-Erzeuger der Welt, Alain Brumont von Château Montus, mit seinem Range Rover durch die Weinberge in Madiran gebraust ist. Probieren Sie nicht nur die «Viribus Unitis»-Weine, auch alle anderen seiner Weine sind einzigartige Gedichte - und sowohl hinsichtlich Preis und Menge noch etwas einfacher zu erwerben!

 

Luis Oberrauch - Lagrein-Konkurrenz aus Auer für die Griesser-Lagen

Luis Oberrauch ist nicht nur ein begnadeter (Nachwuchs-)Winzer, sondern auch ein beflissener Historiker (und übrigens einer der Mitgründer von WEIN.WERK). Als er auf alten Südtiroler Weinlagenkarten entdeckt hat, dass die Lage Raut früher als wichtigste Lagrein-Lage im Unterland eingeordnet und die Weine dieser Lage denjenigen in Gries gleichgestellt waren, wurde sein Ehrgeiz geweckt: Luis will in Auer und in der Lage Raut Lagrein-Weine produzieren, die wieder in einem Atemzug mit den Griesser Lagen genannt werden!

Aus unserer Sicht gelingt ihm das hervorragend mit dem an die besten Côte Rotie-Syrah erinnernden Terroirwein Lagrein Raut 2019 sowie seinem mit 15% Ganztrauben (inkl. Stielgerüst) vergorenen und ohne Schönung auskommenden «Basis»-Lagrein 2020 (dieser Wein ist alles andere als ein «Basiswein»). Für eine sommerliche Brise sorgt ausserdem der ehrlich auf die Frucht gebaute und entfernt an Mon Chéri erinnernde Luis rot 2019 (90% Vernatsch / 10% Lagrein), der vor kurzem in einer Blinddegustation im schwarzen Adler von Franz Keller überzeugt hatte. Selbstredend spielt Luis eine weitere Stärke mit seinem Weisswein Schalenstein 2021 aus, nachdem er mit dem Kellermeister in Tramin (als erste und einzige Kellerei im Südtirol) einen Weisswein mit der Maximalpunktzahl von 100/100 beim wichtig(st)en Weinkritiker Robert Parker erzeugt hat.

Bitte nicht vergessen: Der Luis Rosé Mitterberg IGT wird aus 100% Lagrein Trauben gekeltert, welche klassisch an der Pergel wachsen - wohlgemerkt, Luis verwendet im Gegensatz zu den allzu häufig üblichen Vorgehensweisen für Rosé keine jungen Trauben oder zweitklassigen Lagen. Er liest die Trauben für den Rosé lediglich einige Wochen vor denjenigen, welche für die Lagrein Riservas gedacht sind, damit er die erfrischende Säure konservieren kann. Nach 50% Saftabzug und Hefelagerung bis zur Abfüllung sowie 50% Barriquefässer erzeugt er einen dem Flaggschiff der Domaine Ott in nichts zwischen Erdbeere, Himbeere, Limettenjoghurt und etwas rauheren Lagrein- und Fassnuancen oszillierende Einzigartigkeit.

Schöne Aussichten bei Josmoar

Weine von Sebastian Tonner vom noch jungen Weingut Josmoar in die Finger zu kriegen ist nicht ganz einfach. Er betreibt zwar eine Webseite, auf welcher seine Weine ausführlich und zutreffend beschrieben werden, ein Hofverkauf oder gar eine Webseitenbestellung ist dort jedoch nicht vorgesehen - verständlich, bei einer Jahresproduktion von lediglich 20'000 Flaschen.

Dass Sebastian auf Klasse, statt Masse setzt, wird bei der gemeinsamen Verkostung schnell offensichtlich. Seine auf rund 700 m.ü.M auf kalkhaltigen Böden wachsenden Trauben - notabene eine Lage, die während Jahrhunderten für die Weine des nahegelegenen Klosters im Schnalstal verwendet wurden (deshalb auch die Lagebezeichnung Pfaffenegg) - vergärt er mit Naturhefen und baut sie jeweils zur Hälfte im Barrique und im Holzfass aus. Eine Ausnahme bildet sein hervorragender Blauburgunder, welcher mit 30 % Ganztrauben inkl. Stielen in 100 % neuen Barriques ausgebaut worden ist.

Wer noch Zweifel an den Weinen von Sebastian hegt: Vor kurzem hat der Sternekoch Stefan Zippl (seine Heimstätte ist das Parkhotel Holzner) in der Schutzhütte «Schöne Aussicht» in der Alpin Arena Schnals ein Gourmetgericht kreiert und der Sommelier Christian Rainer, Preisträger des Michelin World’s Best Service Award, dazu die Weine von Josmoar als Begleitung ausgewählt...