Den Geduldigen gehört die Weinwelt
Der Jahrhundertjahrgang 2022 in aller Munde, ein filigraner Weissweinjahrgang 2023 im aktuellen Verkauf und erste Weine aus dem schwierigen Jahrgang 2024 in den Flaschen.
In den vergangenen Jahren mussten sich die Winzerinnen und Winzer im Südtirol mit zunehmend höheren Temperaturen, unvorhersehbaren Wetterwechseln und den häufigeren Extremsituationen auseinandersetzen und Massnahmen entwickeln. Dank diesen Vorkehrungen war man einigermassen auf das unentschlossene Weinjahr 2025 vorbereitet.
Die Winzerinnen und Winzer mussten erneut mit höheren Durchschnittstemperaturen und mehr Regen kämpfen – im Gegensatz zu anderen Jahren jedoch meist in Übereinstimmung mit dem Vegetationszyklus der Reben.
Problematisch zeigten sich die viel zu schnellen Richtungswechsel und der zermürbende Regenrhythmus in der Reife- und Erntephase. Den detaillierten Jahrgangs- und Erntebericht finden Sie in den drei folgenden Abschnitten.
Christof Zeller DipWSET, Weinakademiker

Frühe Blüte, eine Temperaturspitze und explosives Rebenwachstum
Nachdem der Spätfrost weitgehend ausgeblieben ist bzw. schadlos überstanden war, meldete sich Petrus mit einer einmonatigen Regenfront im März zu Wort. Bescheidene Temperaturen und unterdurchschnittliche Sonnenstunden liessen Erinnerungen an den Jahrgang 2024 wach werden.
Ende März, anfangs April hatte das Warten und Bangen ein Ende: Die langersehnte Vorsommerphase erfasste die Rebberge mit voller Wucht, Sonne und überdurchschnittlichen Temperaturen. Das führte zu einem frühen Austrieb und zusammen mit den zum Bersten vollen Wasser- und Nährstoffreserven, wucherten die Reben beinahe unkontrollierbar im Rebberg. Um das vegetative Rebenwachstum einzudämmen, war intensive Laub- und Schnittarbeit notwendig. Die übliche Grünernte wurde vielerorts, aus der Abwägung aufgeschoben, um bei weiteren Wetterkapriolen etwas mehr Traubenreserven zu haben.

Balance im Mai, Achterbahnfahrt mit Temperatur- und Regenspitzen im Sommer
Nach dem Temperaturschock folgte ein kühler und feuchter Mai, was den naturnah bewirtschafteten Rebbergen und Trauben half, die Balance zu finden und sich ein Fundament mit guten Säurereserven aufzubauen, um die Achterbahnfahrt der Temperatur- und Regenspitzen im Juni unbeschadet zu überstehen. Nichtsdestotrotz entstand in dieser Phase ein Wachstumsrückstand, welcher nicht mehr ganz aufgeholt werden konnte.

Süditalienische Verhältnisse im August und Regen in der Erntephase
Nach dem wiederum unerwartet kühlen Juli wartete man erneut auf etwas wärmere Phasen. «Im August gings richtig ab!» beschreibt Carmen Augschöll vom Röckhof die ausserordentlich heisse Episode, welche über drei Wochen lang für süditalienische Verhältnisse sorgte. «Reben sind wie die Menschen und brauchen Zeit, um sich an die veränderten Bedingungen anzupassen» erklärte Carmen weiter, «auf diesen Schock reagierten sie mit einem Wachstumsstopp».
Die Temperaturen sorgten für einen schnellen Farbumschlag (Véraison) und Reifebeginn, was insbesondere bei den weissen und frühreifen, roten Sorten für richtig gute Säurewerte und dem Erreichen der phenolischen Reife, sorgte (dank dem Wachstumsstopp im August wurde die Säure nicht «veratmet»). Dank dem heissen und trockenen August konnten die Trauben grundsätzlich Konzentration aufbauen, sofern die aufgeschobene Grünernte nachgeholt worden war.
Richtig anspruchsvoll wurde das Weinjahr 2025 für die Winzerinnen und Winzer wieder in der Hauptlesezeit ab September. Die Erntefenster waren äusserst schmal und immer wieder durchzogen von Regenschauern, welche allen Beteiligten viel Geduld und Fingerspitzengefühl abnötigte.
Wer seine Trauben in einem der wenigen geeigneten Erntefenstern in den Keller brachte, benötigte einen grossen Sortiertisch und viele Hände, um die faulenden und unreifen Traubenbeeren wegzuschneiden. Hier trug die im Südtirol vorgeschriebene Handlese viel zur Traubenqualität im Keller bei.
Es ist noch sehr früh, um eine verbindliche Aussage über die Weinqualität des Jahrgangs 2025 zu machen. In der Tendenz erwarten wir eher kaltfruchtige, elegante Weine mit etwas tieferen Alkoholgradationen. Dank den richtig guten Säurewerten gehen wir von einem sehr guten Weissweinjahrgang sowie überzeugenden Qualitäten bei den frühreifen Rotweinsorten aus. Im Rotweinbereich gehen wir von einem eleganten, guten Jahrgang aus, der vereinzelt auch sehr gute Qualitäten hervorbringen dürfte.