Da dreht sich der heilige St. Urban I. im Grab um…

Die unterschiedlichen Seiten des «Dry January»

Wir übertreiben selbstredend! Wahrscheinlich fände auch der heilige St. Urban I., seines Zeichens der 17. Papst und Schutzheiliger der Weinberge, des Weines, der Winzer und der Küfer eine gewisse Freude an einem bewussten Konsumverzicht. Umso mehr, als er gleichzeitig auch Schutzpatron gegen Trunkenheit ist…

 

Und bereits sind wir inmitten unseres Themas angelangt: Grundsätzlich - und insbesondere aus gesundheitlicher Optik - befürworten wir von Weinvogel den bewussten, temporären Verzicht auf Wein bzw. ganz generell auf den Konsum von Alkohol (auch unser Weinakademiker legt im Januar jeweils eine Trinkpause ein und geniesst das eine oder andere Glas Red Moon Sparkling.

 

Und doch möchten wir die Gelegenheit nutzen, um dafür zu sensibilisieren, dass kommerziell getriebene, globale Massephänomene (es ist einigermassen offensichtlich, dass hinter dem - neudeutsch - als Dry January bezeichneten Phänomen nicht nur eine Handvoll idealistischer Abstinenzfans steckt) neben den guten Aspekten und Auswirkungen immer auch gravierende, unbeabsichtigte Folgen für andere Branchen, Menschen oder Produkte haben können.

Von Christof Zeller DipWSET, Weinakademiker

Kein Kater Mehr

 

Endlich keinen Kater mehr oder die gesundheitlichen Aspekte der Trinkpause

Alkohol - das gilt umso mehr für Wein - ist ein Genussmittel. Ein Kater oder böses Erwachen deshalb seit den Teenagerjahren nur noch eine verblassende Erinnerung im Hinterkopf darstellen. Und doch kommt es immer mal wieder vor, dass wir das «berühmte Glas zu viel» konsumieren (kein Wunder, bei all den trinkigen Weinen aus dem Südtirol) und mit einem leichten Ziehen in der Kopfgegend aufwachen. Dieser Gefahr kann, wenn auch äusserst radikal, der Dry January selbstverständlich erfolgreich Abhilfe schaffen.

 

Und ebenfalls logisch; es gibt gute Gründe, ab und zu auf das geschätzte Glas Wein zu verzichten:

 

  • Das Bewusstsein und die Freude auf Wein steigt durch den Verzicht. Der Genuss des ersten Glases Wein im Februar ist umso grösser.
  • Die hart arbeitende Leber dankt einem die Ferienmöglichkeit, indem sie sich vermehrt auf den übrigen Stoffwechsel konzentrieren und sich regenerieren kann.
  • Wein beinhaltet die eine oder andere Kalorie. Ein temporärer Verzicht darauf hilft evtl. auch, die paar über die Feiertage angelachten, zusätzlichen Kilos einfacher loszuwerden.
  • Ausserdem erhöht ein zeitweiliger Verzicht auf Alkohol die allgemeine Leistungsbereitschaft langfristig (behauptet zumindest unser Weinakademiker).

Ein Kater in Weinhandel und Gastro

 

Der Kater im Weinhandel und der Gastronomie

Was in der Regel jedoch - wohl unbeabsichtigt - von den Verfechtern des Dry January unter den Tisch oder eben den Tresen gekehrt wird, ist die Tatsache, dass diverse Branchen, Menschen und Arbeitsplätze vom Weinkonsum oder alkoholischen Produkten ganz allgemein abhängig sind.

 

Angefangen bei Weingütern, die Platz im Keller für die neue Ernte benötigen und gerne Degustationen durchführen würden, den Weinbergmitarbeiter/innen, dem Weinhandel, gefolgt vom Gastgewerbe, Hotels in Weinregionen, Bars und Restaurants, aber auch der ganzen Logistikbranche mit ihre vielen Mitarbeiter/innen.

 

In einem weiteren Kontext ist Wein auch ein fester Bestandteil vieler gesellschaftlicher und kultureller Veranstaltungen, sodass ein globaler Konsumverzicht im Januar je nach dem zu einer Abnahme der Besucherzahlen bei Veranstaltungen, niedrigeren Umsätzen und fehlenden Einnahmen für die Wein- und Gastronomiebranche führt. Gemäss mehreren Quellen aus dem Gastronomiebereich und aus eigenen Erfahrungen beträgt der Rückgang dadurch rund 30 % eines durchschnittlichen Monats und einige Betriebe konnten im Januar Personal nicht oder nur unzureichend beschäftigen. Von Entlassungen haben wir bisher nur in anderen Ländern, in welchen der Dry January noch verbreiteter ist, gehört.

 

Das Gleichgewicht.jpg

 

Ein vernünftiges Gleichgewicht schaffen

Wie gesagt, wir von Weinvogel sind grundsätzlich nicht gegen den temporären Verzicht auf den Wein- bzw. Alkoholkonsum. Wir möchten uns jedoch dafür stark machen, dass dieser u.U. bei einem genussvollen Konsum unserer Weine gar nicht notwendig ist, und man in einem vernünftigen Gleichgewicht leben kann. Wir haben dafür sinnbildlich das obige Bild vom Tröpfltalhof ausgewählt. Darauf abgebildet sind der Weingutsbesitzer Andreas in der Mitte, welcher seinen Hof seit 30 Jahren im Gleichgewicht bewirtschaftet; das heisst biodynamisch und konsequent ohne Eingriffe im Keller (da kann es passieren, dass er ab und zu - schweren Herzens - eine ganze Amphore seines Weins nicht abfüllt, weil ihm das Resultat nicht restlos gefällt), rechts Weinvogel-Eigentümer, Sebastian Vogel und links unser lokaler Weinexperte Markus Werner.

 

Ein anderer Tipp - so macht es auch unser Weinakademiker - welchen wir Ihnen gerne ans Herz legen, falls Sie trotzdem nicht auf den Dry January verzichten möchten: Im Januar machen die meisten Weinhändler Inventar und schaffen Raum für die neuen Jahrgänge. Nutzen Sie diese Gelegenheit und Ihren klaren Kopf dafür, Ihre Weinreserven im Keller aufzustocken, damit Sie für den Rest des Jahres auf eine gut assortierte Weinauswahl zurückgreifen können. Sehr empfehlen können wir u.a. die von uns im aktuellen Newsletter besprochenen Weine.