1000 Jahre Südtiroler Weingeschichte

Wein aus dem Südtirol beeinflusst den Lauf der Weltgeschichte

Die Geschichte des Südtiroler Weins ist auch eine Geschichte des Aufstiegs und Falls ganzer Dynastien, päpstlicher Weine, von Macht und Geld, von Kaiserin Sissi, dem Orientexpress, von technologischen Errungenschaften, reisenden Schriftstellern und von betrunkenen Bergsteigern. Südtiroler Wein hinterliess und hinterlässt seit Jahrtausenden seine Spuren und Fussabdrücke in der Weltgeschichte.

Südtiroler Wein als geopolitischer Machtfaktor mit historischer Dimension. Einige weltpolitische Entscheidungen wurden bei Wein getroffen, andere wegen des Weins. Wir haben die spannendsten Geschichten rund um den Südtiroler Wein und die Weltgeschichte in diesem Beitrag zusammengefasst.

Von Christof Zeller DipWSET, Weinakademiker

Buch mit Glas Rotwein

Südtirolwein: Eine Spurensuche durch die Jahrhunderte

Wie beinahe jede relevante Geschichte in der Geschichte Europas beginnt auch unsere im 9. Jahrhundert mit Karl dem Grossen: Unter ihm wurde das Südtirol ein Teil des Heiligen Römischen Reiches und blieb dies auch bis zu dessen Zerfall im Jahr 1806. Die Weine aus Südtirol wurden im gesamten Reich vertrieben und erfreuten sich an zahlreichen Fürstenhöfen grosser Beliebtheit. Verbrieft sind die Weine des Südtirols insbesondere für die Herzogshöfe in München und Graz («Traminer, Grieser sowie Weisser und Roter Vernatscher») sowie – etwas unspezifischer – in den Kellerverzeichnissen der Habsburger Kaiser («Roten aus Tirol»). Im Kellerverzeichnis von Erzherzog Sigmund Franz in Innsbruck sind für das Jahr 1665 u.a. über 1'100 Yhren (1 Yhre entspricht in Bozen 78 Liter) «Weisser und Roter Grieser, Meraner, Weisser und Roter Traminer» notiert. Um kaiserlich zu trinken, empfehlen wir einen roten Grieser – unter Berücksichtigung der historischen Unschärfe – den Prestige Grieser Lagrein Riserva der Kellerei Bozen, aktuell im Jahrgang 2021.

Um 1370 bezeichnete Kaiser Karl IV. des Heiligen Römischen Reiches die Weine aus der Lagreintraube als beste der Region. Es handelt sich hierbei um die erste gesicherte, schriftliche Erwähnung dieser autochthonen Rebsorte. Historiker Heinrich Hartmann erwähnt diesbezüglich das Kloster Gries, welches ab 1845 entscheidenden Anteil an der Entwicklung des Lagreins hatte. Trinken wie zu Zeiten Kaiser Karl IV.: Wir empfehlen den Abtei Lagrein Riserva 2022 von Muri-Gries.

Wir überspringen einige Jahrhunderte und fokussieren auf das Jahr 1707, in welchem spätestens auch Grossbritannien – grundsätzlich Anhänger der Bordelaiser Provenienzen – mit den Erzeugnissen des Südtirols Bekanntschaft schloss: Ein Monsieur de Blainville, welcher die Söhne des britischen Kriegsministers auf einer Bildungsreise durch Kontinentaleuropa begleitete, berichtet über die vielen Fuhrwerke mit Südtiroler Wein, die auf der Brennerstrasse unterwegs waren (mit selten nüchternen Fuhrleuten). Sie fuhren in Richtung Augsburg, von wo die Weine über ganz Deutschland weiterverteilt worden sind. Insbesondere um Bozen herum ist verbrieft, dass «[…] die niedern Gegenden mit Weingaerten bedekt sind, so weit das Auge reicht.»

Ob der Besuch Johann Wolfgang von Goethes im Südtirol, angesichts der inflationären Reisetätigkeit des Schriftstellers, einem Ritterschlag gleichkommt oder unerwähnt bleiben soll, sei dahingestellt. Er hat 1786 zumindest festgehalten, dass die Bozner Umgebung mit Pergeln übersät war, wo «[…] die blauen Trauben gar zierlich von der Decke herunter hängen […]». Andererseits scheint ihm der Südtiroler Wein nicht allzu gut zu bekommen, wie einem Schreiben an seine Freundin, Frau von Stein, zu entnehmen ist: «Ich lebe hier sehr mässig, den roten Wein der Gegend, schon von Tirol her, kann ich nicht vertragen; ich trinke ihn mit viel Wasser.» Selbstredend verzichten wir hier auf eine entsprechende Weinempfehlung.

Rettung für das Südtirol, zumindest wenn man dem Urteil von Goethes Glauben schenkt, naht 1850 in Form des Erzherzogs Johann von Österreich – ein Habsburger und deutscher Monarch. Er spielte, nachdem Südtirol 1814 Teil des Habsburgerreiches wurde und ab 1867 zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte, eine zentrale Rolle in der Weinbaugeschichte, indem er internationale Rebsorten wie Weissburgunder, Blauburgunder, Chardonnay, Riesling und Cabernet Sauvignon in Südtirol einführte.

Zeitungsartikel Vernatsch aus Nals für Elisabeth II

Technologische Errungenschaften, Kaiserin Sissi und Queen Elisabeth II. tragen den Südtirolwein in die Welt

1867 wird die Brennerbahn durch die k.u.k-Eisenbahngesellschaft in Betrieb genommen. Dadurch rückt Bozen noch näher an die Europäischen Königs- und Führstenhöfe. Es folgte die Gründung zahlreicher Kurorte entlang der kontinuierliche Schienenverbindung von den Südtiroler Weinbaugebieten (Eppan, Kaltern, Bozen) nach Mitteleuropa (München, Wien, Prag, Budapest).

In den Export gelangten insbesondere Kalterersee und Vernatsch als Fassware für die Schankstätten in Wien (Heurige) und Südtiroler Lagrein für München und die bayerischen Residenzstädte. Ebenso sind erste Ladungen mit Etikettenwein für die 1890er Jahre durch die Kellerei Terlan verbrieft. Eine gute Gelegenheit, mit einem historisch adäquaten Mischsatz, einer Flasche Terlaner Weiss 2024 der vorgenannten Kellerei, auf diese Entwicklung anzustossen.

Aufgrund der Reblaus-bedingten Ausfälle in den französischen Weinbaugebieten konnte Südtiroler Wein sogar dort in grossen Mengen in die Bresche springen.

Der – aufgrund der neuen Bahnlinie aufgekommene – Tourismus aus bürgerlichen und aristokratischen Kreisen führte zur Gründung von Gastbetrieben mit eigener Weinproduktion (z. B. Ansitz Waldgries, Ansitz Stroblhof, und Josef Anton Mayr vom Unterganznerhof wurde neben seiner angestammten Tätigkeit in Rebberg und Keller zum einem Weinhändler). Bestimmt kredenzte man den deutschen Fürsten den Rosenmuskateller Passito Mitterberg vom Ansitz Waldgries. Mit dem Jahrgang 2023 dürfen auch Sie sich fürstlich fühlen.

Neben dem zumeist anonymen Publikum entdecken auch prominente Besucherinnen und Besucher das Südtirol für sich: Die sagenumwobene Kaiserin Sissi von Österreich, stieg ab 1870 jährlich für einige Wochen auf Schloss Trauttmansdorff oberhalb von Meran.

In diese Zeit fällt auch die erstmalige Durchführung des Meraner Traubenfests, einem bis heute stattfindenden Erntedankfest in den Gärten von ebengenannten Schloss Trauttmansdorff. Klassische Südtiroler Küche und ausgesuchte Weine des Burggrafenamts bilden den Kern der jährlichen Veranstaltung.

Ein weiterer, zumindest königlicher Besuch ist für den Mai 1969 verbrieft. Damals besuchte Königin Elisabeth II. von Grossbritannien das Tirol und äusserte den Wunsch, dabei auch einen typischen Südtiroler Bauernhof zu besuchen. Bei diesem Besuch wurde ihr auch ein Südtiroler Wein kredenzt, eine Vernatsch-Sonderabfüllung der Kellerei Schwanburg aus Nals (welche heute leider nicht mehr existiert).

Tiroler Berge

Der Wein und die Berge: Das Südtiroler Traumpaar

Ein Blick in die Tagebücher der frühen Bergsteiger und in die Expeditionsberichte lässt einem mit grossem Schaudern zurück. Besonders im 18. und 19. Jahrhundert wurden fast alle erwähnenswerten Gipfel im Südtirol erobert – mit Hilfe eines schwindelerregenden Ausmasses an Weinkonsum; beim Aufstieg, auf dem Gipfel und beim Abstieg!

Besonders exemplarisch lässt sich dies bei Julius Payer und seinem heimischen Bergführers Johann Pinggera bei der Besteigung des Ortlers 1865 erleben: Während des Aufstiegs tranken sie am Vormittag drei Flaschen Wein gegen den Durst. Auf dem Gipfel und im Abstieg leerten sich noch eine weitere Flasche. Diese offensichtlich guten Erfahrungen führten dazu, dass er ein Jahr später bei der Besteigung der Schneeglocke ein ganzes Weinfässchen auf den Berg mitnimmt. Schliesslich leert er auf dem Gipfel des Grossen Eiskogel eine letzte Flasche Wein in einem Zug und wird im Abstieg nur dank der Seilschaft mit Pinggera vor einem tödlichen Absturz bewahrt.

Dieser Expeditionsbericht stellt jedoch keine Ausnahme dar, sondern repräsentiert vielmehr die Trinkfestigkeit des durchschnittlichen Berggängers zu dieser Zeit. Der Brite Albert Smith liess bei seiner Besteigung des Montblancs im August 1844 sage und schreibe «60 Flaschen Vin Ordinaire, 6 Flaschen Bordeaux, 10 Flaschen St. George, 15 Flaschen St. Jean, 3 Flaschen Cognac und zwei Flaschen Champagner» auf den Gipfel mitführen.

Die neuzeitliche Weingeschichte und das Faible der Päpste für Südtirolwein

1931 erhält mit dem Santa Maddalena der erste Wein eine durch das italienische Weingesetz geschützte Ursprungsbezeichnung. Die Grundlage des heute etablierten DOC- und DOCG-Qualitätssystem.

Kurz darauf kann zeitgenössischen Berichten entnommen werden, dass im Orient-Express London-Venedig ein Alto Adige Gewürztraminer prominent auf der bordeigenen Weinkarte beworben wird. Übrigens wirbt auch der neue La Dolce Vita Orient Express aktiv den «Italian Aperitivo» Riesling und Gewürztraminer aus Tramin und dem Eisacktal. Für die olfaktorische Reise mit dem Orient-Express empfehlen wir den Gewürztraminer Aristos 2023 der Eisacktaler Kellerei.

Die intensive päpstliche Verbindung zwischen dem Südtirol und dem Heiligen Stuhl in Rom entstand spätestens mit Papst Pius XII., welcher das Kloster Neustift Mai 1956 zur Basilica minor erhob. Es handelt sich um einen besonderen Ehrentitel, den der Papst einem bedeutenden Kirchengebäude verleihen kann.

Die Verbindung verstärkte sich unter Kardinal Joseph Ratzinger, bekannt unter dem Papstnamen Benedikt XVI. Nachweisbare mindestens elf Mal, letztmals im August 2010, urlaubte er in Brixen. Möglicherweise sind verwandtschaftliche Bande bei der Liebe der Ratzingers zu Südtirol mit im Spiel. Schliesslich stammte die Grossmutter Maria Peintner-Rieger, die später nach Bayern auswanderte, aus Raas bei Brixen.

Ebenso verbrieft ist seine und die Liebe weiterer Päpste zu den Weinen aus der Kellerei des Klosters Neustift. Diese Weinlieferungen sind – mit Ausnahme eines Eintrags in einer Vatikan-Importdatenbank, welche die Lieferung von Sylvaner DOC aus dem Kloster Neustift nachweist – nirgends offiziell bestätigt: Dank unserer Kontakte ins Südtirol wissen wir jedoch, dass in den Kellergewölben des Vatikans unzählige Flaschen aus der Kellerei des Klosters Neustift in Brixen lagern und auch regelmässig an offiziellen Anlässen ihren Weg in die Gläser der illustren, internationalen Gästeschar finden. Sogar in der hauseigenen Weinhandlung des Vatikans können über 10 unterschiedliche Weine der Kellerei des Klosters Neustift erworben werden! Für den päpstlichen Trinkgenuss empfehlen wir den Praepositus Sylvaner 2023 der Klosterkellerei Neustift.

Hochaktuell wird das Südtirol in der Weltgeschichte bei einer Begegnung von Ivo Muser, seines Zeichens Bischof von Bozen-Brixen, mit dem neuen Papst Leo XIV. im vergangenen Juni 2025: Letzterer bezeichnet das Südtirol - und sinngemäss die Weine - als «Vorbild für den Frieden».

Mit dieser Bemerkung spielt Papst Leo XIV. auf das Pariser Abkommen vom 5. September 1946 zwischen Österreich und Italien an. Dieser Vertrag garantiert den Schutz der kulturellen Eigenart der deutschsprachigen Bevölkerung in der Region Trentino-Südtirol und bildet die Basis der heutigen Autonomie des Südtirols und hat seinen Teil als Grundlage für die heutige Weinqualität im Südtirol beigetragen.


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Werden Sie Teil der Südtiroler Weltgeschichte

Alle in diesem Text erwähnten Weine, welche die Geschichte des Südtirols und der Welt mitgeprägt haben, sind in diesem Weinset zusammengefasst. Auf diese Weise können Sie die facettenreiche Geschichte des Südtirols gemütlich und in Ihren heimischen vier Wänden olfaktorisch nachvollziehen.

Setzen Sie sich gedanklich im Jahr 1867 in einem Waggon k.u.k-Eisenbahngesellschaft und amüsieren sich mit dem Terlaner Weiss der Kellerei Terlan fürstlich, begeben sich in Gedanken mit dem Gewürztraminer Aristos der Eisacktaler Kellerei auf eine feudale Reise im Orient-Express von Venedig nach London oder nehmen mit dem Praepositus Sylvaner der Klosterkellerei Neustift im Geiste an einem Galadiner der päpstlichen Kurie teil.

Weiter geht die weltgeschichtliche Reise mit dem Prestige Grieser Lagrein Riserva der Kellerei Bozen, welcher Sie in die Zeit Karls des Grossen zurückversetzt und an dessen jährlicher Südtiroler Weinbestellung im Umfang von 85'800 Litern Wein teilhaben lässt. Die gemäss Kaiser Karl IV. beste Traube der Region geniessen Sie mit dem Abtei Lagrein Riserva von Muri-Gries und schliessen ihre historische Reise durch die Weltgeschichte mit einem Rosenmuskateller Passito Mitterberg vom Ansitz Waldgries ab, welchen Sie grosszügigerweise mit der Kaiserin Sissi teilen.